Wally, die das letzte Jahr im Nationalpark Berchtesgaden ausgewilderte Bartgeierin, wurde leider Ende Mai tot aufgefunden – Todesursache unklar. Ganz nach Plan wurden 2022 wieder 2 neue Damen ausgewildert: Recka und Dagmar. Die beiden Jungvögel stammen aus einer andalusischen Zuchtstation der Vulture Conservation Foundation (VCF) und gehören zu einem europäischen Nachzuchtprogramm. Das vom bayerischen Naturschutzverband LBV und dem Nationalpark Berchtesgaden auf zehn Jahre angelegte Projekt soll die zentraleuropäische, alpine Population dieser seltenen Vogelart stärken und mit den Beständen auf dem Balkan und in Kleinasien verbinden. Die Rückkehr des völlig harmlosen Greifvogels in die deutschen Alpen bildet so einen wichtigen geografischen Lückenschluss für die Art. Beim offiziellen Festakt, bei dem Bartgeier-Fans aus ganz Deutschland und aus weiten Teilen der Alpenregionen versammelt waren, gratulierte auch der Bayerische Umweltminister Thorsten Glauber: „Heute ist ein guter Tag für die Artenvielfalt. Die Bartgeier sind endlich wieder da, wo sie hingehören: in den bayerischen Alpen. Die Giganten der Lüfte sollen sich jetzt in Bayern etablieren. Trotz aller Herausforderungen geht das Großprojekt dieses Jahr in die zweite Runde. Die Rückkehr der beeindruckenden Greifvögel nach Bayern ist ein Meilenstein für den Artenschutz. Das Bayerische Umweltministerium unterstützt das herausragende Projekt bis Ende 2023 mit rund 610.000 Euro.“
Live-Webcam in Felsnische
Interessierte können die Entwicklung und Flugübungen der beiden Bartgeier-Damen in den kommenden Wochen und Monaten im Internet mitverfolgen. Die Geschehnisse in der Auswilderungsnische werden unter www.lbv.de/bartgeier-webcam mit der aktuell weltweit einzigen Bartgeier-Live-Webcam übertragen. Die ersten Flugversuche und der weitere Lebensweg der beiden Vögel können anschließend in den nächsten Jahren ebenfalls im Internet mitverfolgt werden. Dank der GPS-Sender auf dem Rücken der Bartgeier werden die zukünftigen Flugrouten der Vögel auf einer Karte unter www.lbv.de/bartgeier-auf-reisen dargestellt.
Hintergrund:
Der Bartgeier (Gypaetus barbatus) zählt mit einer Flügelspannweite von bis zu 2,90 Metern zu den größten, flugfähigen Vögeln der Welt. Anfang des 20. Jahrhunderts war der majestätische Greifvogel in den Alpen ausgerottet. Im Rahmen eines großangelegten Zuchtprojekts werden seit 1986 im Alpenraum in enger Zusammenarbeit mit dem in den 1970er Jahren gegründeten EEP (Europäisches Erhaltungszuchtprogramm) der Zoos junge Bartgeier ausgewildert. Das europäische Bartgeier-Zuchtnetzwerk wird von der Vulture Conservation Foundation (VCF) mit Sitz in Zürich geleitet. Während sich die Vögel in den West- und Zentralalpen seit 1997 auch durch Freilandbruten wieder selbstständig vermehren, kommt die natürliche Reproduktion in den Ostalpen nur schleppend voran. Ein vom LBV und dem Nationalpark Berchtesgaden gemeinsam initiiertes und betreutes Projekt zur Auswilderung von jungen Bartgeiern im bayerischen Teil der deutschen Alpen greift dies auf und unterstützt in Kooperation mit dem Tiergarten Nürnberg die alpenweite Wiederansiedelung. Dafür werden in den kommenden Jahren im Klausbachtal junge Bartgeier ausgewildert – im Jahr 2021 erstmals in Deutschland. Der Nationalpark Berchtesgaden eignet sich aufgrund einer Vielzahl von Faktoren als idealer Auswilderungsort in den Ostalpen.
www.lbv.de/bartgeier-auswilderung