Newsletter 3/2023
Liebe Bayern Wild und Tatort Natur Fans,

diesmal gibt es wieder reichlich Zündstoff in Sachen Wolf, Fischotter und Greifvogelverfolgung! Außerdem möchten wir gerne auf unsere hauseigenen Förderpreise aufmerksam machen, sowie den EU-Biolandbautag am 23.09.23 in München...

Foto: Axel Gomille
Neue Wolfsverordnung in Bayern nun ein Fall für die Justiz: BN reicht Klage ein

Anfang Mai trat die umstrittene "Södersche Wolfsverordnung" in Kraft. Jetzt hat der Bund Naturschutz (BN) die bereits angekündigte Klage gegen die Regelung eingereicht. BN-Landesschef Mergner gehe davon aus, dass der Verwaltungsgerichtshof ihrer Argumentation folgen werde, da die Wolfsverordnung weder mit deutschem, noch europäischem Naturschutzrecht vereinbar ist.

Ich will mehr wissen!

 

Foto: Fotolia
Fischotter in Bayern: LBV fordert Staatsregierung zur Rücknahme der neuen Verordnung auf

Der Landesbund für Vogel- und Naturschutz (LBV) lehnt die am 1. Mai in Bayern in Kraft getretene Fischotterverordnung ab. Sie sei in Bezug auf eine Entnahme in verschiedenen Punkten weder mit den Regelungen des Bundesnaturschutz- (BNatSchG) noch des Bundesjagdgesetz (BJagdG) vereinbar. Deshalb hat der LBV gemeinsam mit BN und Landesfischereiverband gegenüber der Staatsregierung gefordert, im Arbeitskreis Fischotter den bestehenden Managementplan zu aktualisieren. Hier sei insbesondere zu berücksichtigen, dass die Art als explizites Erhaltungsziel in zahlreichen Fließgewässern in FFH-Schutzgebieten vorkommt. Hier gelte es deshalb, besonders sensibel vorzugehen, um die Erhaltungsziele nicht zu beeinträchtigen. Es müssten sich endlich alle Experten zusammensetzen und einen für den Naturschutz und die Teichwirte akzeptablen Umgang festlegen, der die durch den Fischotter verursachten Probleme in der kommerziellen Teichwirtschaft auch tatsächlich löst. Dieser Weg müsse rechtskonform sein, wissenschaftlich begleitet werden, punktuelle Entnahmen prüfen und dem Fischotter in Bayern ein sicheres Überleben ermöglichen. Der LBV hat dem Landwirtschafts- und dem Umweltministerium deshalb vorgeschlagen, dass Experten beurteilen sollen, ob ein wissenschaftliches Projekt durchgeführt werden kann, das abschätzt, ob eine Lebend-Entnahme überhaupt wirksam sein kann. Dieses Vorgehen könnte insbesondere im Hinblick auf den Fraßdruck auf Fische sowie auf eine mögliche Wiederbesiedlung durch aus der Umgebung zuwandernde Otter hilfreich sein.

 

Foto: Seeadler (Wolfgang Lorenz, LBV)
Unbekannte vergiften in der Oberpfalz streng geschützten Rotmilan, Mäusebussard, Uhu & Seeadler: 3 bestätigte und 2 Verdachtsfälle

Innerhalb kurzer Zeit sind in der Oberpfalz mehrere vergiftete Greifvögel aufgefunden worden. Im Landkreis Amberg-Sulzbach starb ein Seeadler am Rattengift Brodifacoum. Ein Rotmilan und ein Mäusebussard im Lkr. Regenburg verendeten am illegalen Kontaktgift Carbofuran. Das als Insektizid eingesetzte Gift ist seit 2007 in der EU verboten und stellt auch eine enorme Gefahr für Kinder und Hunde dar. Über diese drei Fälle hinaus wurden wir über den Fund von zwei weiteren toten Greifvögeln im Landkreis Regensburg informiert: Ein Uhu sowie ein weiterer Rotmilan werden noch auf mögliche Vergiftungen untersucht. Dass Greifvögel mit Carbofuran vergiftet werden, ist leider keine Seltenheit und bleibt eine Straftat.

Am meisten schockierte jedoch der Seeadler-Fall: Ein Jäger hatte das Adlerweibchen, das bei Hahnbach seit mehreren Jahren mit ihrem Partner brütete, Anfang März tot aufgefunden. In der Gegend um den Brutort wird kommerzielle Teichwirtschaft betrieben. Auch der Fischotter, der immer wieder im Zentrum von Konflikten zwischen Naturschutz und Fischereiwirtschaft steht, lebt dort. Wir halten es für wahrscheinlich, dass das Rattengift Brodifacoum nicht dem Seeadler, sondern einem anderen Tier galt. Ob der Adler den Giftköder selbst fraß oder ein Tier erbeutete, welches das Gift vorher aufgenommen hatte, ist nicht mehr nachzuvollziehen. Brodifacoum ist hochgiftig und darf offiziell nur noch an Personen verkauft werden, die nachweisen können, dass sie eine Schulung zum Umgang damit besucht haben. Doch auch wer einen solchen Nachweis besitzt macht sich strafbar, wenn er mit dem Gift geschützte Arten tötet. "Unsere Erfahrungen mit Rattengift bestätigen in diesem aktuellen Fall erneut, dass – selbst bei sachgemäßer Anwendung – streng geschützte Wildtiere durch Sekundärvergiftungen getötet werden. Daher ist ein generelles Verbot von chemischen Mitteln zur Bekämpfung von Nagetieren mit gerinnungshemmenden Wirkstoffen längst überfällig und der einzig richtige Weg, um seltene heimische Arten – wie auch Haustiere – vor dieser vermeidbaren Gefahr zu schützen", so die GLUS-Fachreferentin für Naturschutz Franziska Baur.

Die Aufklärung illegaler Tötungen von Wildtieren ist schwierig, deshalb wird um Hinweise aus der dortigen Bevölkerung gebeten: Jeder, der ein totes Tier oder Fleischreste, Eier oder Geflügelteile findet, sollte dies umgehend der Polizei und zusätzlich online unter www.tatort-natur.de melden!

 

Foto: Köderreste im Schnabel des vergifteten Mäusebussards (Bettina Schröfl, LBV)
Erneuter Fall im niederbayerischen „Giftdreieck“: Mäusebussard stirbt durch illegales Carbofuran

Anfang März 2023 wurde bei Laberweinting im Landkreis Straubing-Bogen ein Mäusebussard tot aufgefunden. Ergebnisse toxikologischer Untersuchungen der LMU bestätigten, dass er mit Carbofuran vergiftet wurde. Dies ist umso alarmierender, als dass dieser Fund nun wieder zwischen Straubing, Plattling und Dingolfing erfolgte, wo vor zwei Jahren zahlreiche vergiftete Vögel gefunden wurden, sodass die Region als „niederbayerisches Giftdreieck“ bekannt wurde. Schon beim Fund des Mäusebussards fiel auf, dass der Vögel Futterreste im Schnabel hatte. Daraufhin zog der LBV die Polizei Straubing hinzu und stellte Strafanzeige. Gleichwohl erfolgte leider zum wiederholten Mal keine Anweisung der zuständigen Staatsanwaltschaft, den Kadaver untersuchen zu lassen, obwohl die Fundsituation deutliche Hinweise auf eine Straftat gab. Daraufhin wurde eine pathologische Untersuchung im Labor des Landesamt für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit (LGL) veranlasst, die einen auffälligen Inhalt aus Fleischstückchen in Schnabelhöhle und Schlund ergab. Dieser Befund veranlasste die untersuchenden Veterinäre dazu, eine toxikologische Untersuchung einzuleiten. Die Bestätigung einer Carbofuran-Vergiftung liegt nun vor. Es ist für uns schwer nachvollziehbar, dass trotz deutlicher Hinweise die Ermittlungsbehörden auch in einer Region, in der es unlängst zahlreiche Vergiftungsfälle gegeben hat, nach wie vor keine Veranlassung sehen, eigenständig forensische Untersuchungen solcher Straftaten zu veranlassen. So müssen Naturschutzgelder aufgewendet werden, um in Strafermittlungsverfahren Beweise zu sichern. Wer geschützte Arten illegal tötet, begeht eine Straftat. Auch den aktuellen Fall haben wir umgehend nach Vorlage der Untersuchungsergebnisse zur Anzeige gebracht. Es ist unser zentrales Anliegen, die Öffentlichkeit zu schützen, die Vergiftungsfälle aufzuklären und Täter von weiteren Taten abzuhalten.

 

Beispielfoto: Abschuss eines Sperbers am Horst (Dieter Aichner)
Blick ins Nachbarland: Auch in Österreich sind geschützte Wildtiere im Visier von Kriminellen – viele Fälle, wenige Verurteilungen...

Über 200 Wildvögel wurden 2016-2022 Opfer illegaler Verfolgung – ebenso wie 16 streng geschützte Säugetiere, darunter Wolf, Luchs, Biber und Fischotter. Diese traurige Bilanz zieht der neue Wildtierkriminalitäts-Bericht der Naturschutzorganisationen BirdLife Österreich und WWF Österreich. “Die illegale Verfolgung ist ein großes Problem für den heimischen Artenschutz – und kann gerade die Bestände seltener Arten bedrohen“, warnen Matthias Schmidt, Greifvogelexperte von BirdLife Österreich und WWF-Artenschutzexpertin Christina Wolf-Petre. Sie gehen von einer hohen Dunkelziffer aus, da viele Opfer gar nicht entdeckt werden – auch deshalb, weil die kriminellen Täter:innen die getöteten Tiere meist verschwinden lassen. Trotz der besorgniserregenden Zahlen gibt es kaum strafrechtliche Konsequenzen: Bis dato sind nur 13 Verurteilungen bekannt. WWF und BirdLife Österreich fordern daher eine strengere Ahndung von Wildtierkriminalität, um Täter:innen stärker abzuschrecken.

Im Berichtszeitraum wurden 203 tote oder verletzte Wildvögel aus 36 Arten als Opfer von Wildtierkriminalität festgestellt. Darunter sind v.a. Greifvögel, wobei im Verhältnis zu ihren kleinen Beständen am häufigsten Rotmilane, Seeadler und Kaiseradler tot aufgefunden wurden. Bei den besenderten See- und Kaiseradlern waren illegale Tötungen sogar die häufigste Todesursache. Von den gut 350 Meldungen mit Verdacht auf illegale Verfolgung bei Wildvögeln erhärteten sich mehr als 150 Fälle – wobei ein Fall mehrere Opfer betreffen kann. Mit 45% machten Abschüsse den größten Anteil aus, gefolgt von Vergiftungen mit rund 25%. Etwa ein Fünftel der registrierten Tathandlungen erfolgte mittels Fallenfang und bei jedem zehnten Fall kamen sogar mehrere Verfolgungsmethoden kombiniert zum Einsatz.

Ein geschossener und enthaupteter Wolf, ein getöteter Luchs, der zur Tarnung auf die Zuggleise geworfen wird, tote Biber mit Schussverletzungen oder mit Fischködern bestückte Tellereisen in einer Fischzucht: Bei den Säugetieren wurden in absoluten Zahlen weniger Opfer dokumentiert als bei den Vögeln. Doch gerade bei seltenen Arten wie dem Luchs ist der Verlust jedes einzelnen Tieres ein schmerzlicher Rückschlag und kann das Überleben der Art gefährden. Verstärkte Maßnahmen zur Sensibilisierung waren jedoch bereits erfolgreich – in den vergangenen beiden Jahren wurde ein Anstieg der Meldungen verzeichnet. Für eine erfolgreiche Aufklärung ist das Zusammenspiel der Öffentlichkeit, der Naturschutz-Expert:innen und der Behörden entscheidend.

Hier geht's zum ausführlichen Bericht!

 

Ausschreibung Förderpreis Wissenschaft

Die Gregor Louisoder Umweltstiftung vergibt Förderpreise an Nachwuchswissenschaftler, die sich mit ihren Abschlussarbeiten außergewöhnlich für den Umwelt- und Naturschutz engagiert haben. Sie müssen für die Umweltschutzarbeit relevant sein oder Praxisbezug haben. Die Förderpreise sind mit jeweils 2.500€ dotiert, weitere 2.500€ werden den Preisträgern als zweckgebundene Unterstützung für eine Fortführung der wissenschaftlichen Tätigkeit zur Verfügung gestellt. Die Förderpreise werden für Arbeiten in folgenden Forschungsschwerpunkten vergeben:

 

Bio, Geo- & Umweltwissenschaften

  • Schutz und Entwicklung von überregional bedeutsamen Großschutzgebieten (Nationalparke, Biosphärenreservate)
  • Naturschutz im Siedlungsgebiet
  • Grenzen der ökologischen Belastbarkeit

 

Forst- & Agrarwissenschaften

  • Arten- und Biotopschutz in der Land- und Forstwirtschaft

 

Wirtschaftswissenschaften

  • Marktwirtschaftliche Steuerungsinstrumente zur Verringerung der Umweltbelastung
  • Umweltrelevante Aspekte der Weltwirtschaft und Globalisierung

 

Bewerbungsgrundlage ist die Abschlussarbeit, sie muss mit einem kurzen Lebenslauf bei der Stiftung eingereicht werden. Es muss in geeigneter Weise (z.B. Zeugnis) nachgewiesen werden, dass die Arbeit angenommen wurde. In Englisch verfasste Arbeiten müssen eine ausführliche deutsche Zusammenfassung enthalten. Der Hauptteil muss als Ausdruck vorliegen, Anhang und Daten können als PDF-Dateien beigefügt werden. Zusätzlich machen Sie sich bitte auf max. einer Seite Gedanken dazu: Was ist an meiner Arbeit preiswürdig? Was ist das Neue, Besondere, Richtungsweisende an meiner Arbeit?

Arbeiten können fortlaufend eingereicht werden. Die Bewertung und Entscheidung über die Preisvergabe findet in der Regel innerhalb von 12 Monaten nach Einreichung statt. Die Jury besteht aus Vertreter:innen der Stiftung und einem externen Gutachter. Die Preisverleihungen finden in München statt.

 

Mehr Infos: https://www.umweltstiftung.com/foerderpreise/foerderpreise-wissenschaft

EU-Biolandbautag 23.09.23

30% Biolandbau in Bayern - das ist seit dem erfolgreichen Volksbegehren „Rettet die Bienen“ das gesetzliche Ziel. Was ist seitdem noch passiert? Wie gut schmecken Biolebensmittel aus Bayern? Und was muss geschehen, damit die Erfolgsstory "Bio aus Bayern" weitergeht? Antworten gibt der EU-Biolandbautag am 23.09.23 ab 13.00 Uhr in München-Pasing (Pasinger Rathausplatz).

Die neue Initiative "Mit Bio blüht Bayern auf" ist ein neues Gemeinschaftsprojekt der Landesvereinigung für den ökologischen Landbau in Bayern e.V. und der Gregor Louisoder Umweltstiftung (Kontakt: sina.engst@umweltstiftung.com).

 

Das war nun der letzte Newsletter vor meinem Mutterschutz – aber keine Sorge: im Dezember wird es wieder Jahresabschluss-Post von mir geben.

Wer in der Zwischenzeit Kontakt zu Tatort Natur (Kooperationsprojekt mit dem LBV) aufnehmen möchte, wende sich bitte an info@tatort-natur.de und wer direkt mit der Gregor Louisoder Umweltstiftung bzgl. Bayern Wild Themen, Förderpreise oder Aktionstage kommunizieren möchte, der ist bei der info@umweltstiftung.com an der richtigen Adresse.

 

Nun wünsche ich allen treuen Leser:innen eine tierisch schöne Zeit und alles Gute!

 

Eure Franzi Baur mit Spürnase Murmel

Fachreferentin Naturschutz | Projektmanagement Tatort Natur & Bayern wild

 

• Gregor Louisoder Umweltstiftung München • 

• www.tatort-natur.de • www.bayern-wild.de •

• https://blog.bayern-wild.de •

 
Bayern Wild Newsletter
29. April 2024
 
 
 
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